Ganz Ohr

Columbo liebt Geräusche – besonders die peinlichen… Wenn sich solche einen Weg bahnen, steht oder liegt Columbo mit Rute und Ohren wedelnd daneben und freut sich über die animalischen Ausrutscher des Anwesenden. So geschehen an einem Montag Vormittag. Ich hatte mich gerade mit einer süßen Tasse Tee und dem zweiten Brötchen an den Labtop gesetzt, um zu arbeiten. Genüsslich sog ich die frische Morgenluft ein, die durch das geöffnete Fenster strömte. Columbo lag entspannt neben meinem Schreibtisch und leckte sich hin und wieder träumerisch die Lippen. Mein Kopf hatte schon den ersten Satz formuliert, meine Finger berührten die Tasten, da klingelte es. Ich versuchte krampfhaft mir die vorformulierten Worte wieder ins Gedächtnis zu rufen und sie auf den Bildschirm zu bannen, bevor sie sicher verloren waren, doch die Klingel riss mich ein zweites Mal aus meiner Konzentration. So dass ich es aufgeben musste, mein Kopf war weiß und leer, und den verflogenen Wörtern hinterher trauernd zur Wohnungstür schritt.
Eine Freundin von nebenan stand auf dem Flur und hielt mir ihr properes Apfelmusverschmiertes Kleinkind zur Begrüßung entgegen. „Hi“, rief sie, „hier sind wir.“ „Ja, ich seh schon“, lächelte ich hilflos. Sie musterte mich prüfend. „Hast du unser Plauderfrühstück etwa vergessen?“ „Ich?“ fragte ich schrill. „Iwo!“, versicherte ich schnell. „Nein, gar nicht. Ich hab extra Brötchen besorgt“, log ich stotternd und dachte an die anderthalb verbliebenen Brötchen in der Tüte. Noch immer sah mich meine Freundin unsicher an. „Du guckst so komisch. Kommen wir ungelegen?“ „Nein, echt nicht.“ Ich musste unwillkürlich schlucken, als mir der gefährlich nah herangerückte Abgabetermin meines Buches einfiel, schüttelte den Gedanken aber schnell ab. „Kommt rein!“, sagte ich bestimmt. „Ich wollte gerade…“ Der Rest des Satzes ging im zweitstimmigen Getöse unter: Das Kind meiner Freundin kreischte vor Vergnügen beim Anblick meines zotteligen Vierbeiners und Columbo fiepte, jaulte und murmelte entzückt dem kleinen Zweibeiner entgegen. Endlich jemanden in seiner Größe zum Spielen! Zuvorkommend leckte er dem Hosenmatz die klebrigen Finger sauber, während dieser interessiert Columbos Zunge zwischen den eigenen Händen inspizierte. Danach lotste ihn Columbo ins Wohnzimmer, wo er ihm stolz seine aufgereihten Spielzeuge um die Ohren schlug. Das Kind hatte sich praktischerweise gleich wieder auf die Knie fallen lassen und krabbelte nun ebenfalls wieder vierfüßig aufgeregt meinem Hund hinterher. Quietschend und „Wa-Wau“ rufend versuchte es, Columbos große wuschelige Rute zu fassen, doch der Hund lief konsequent so schnell im Kreis, dass der Matz keine Chance hatte. „Wie süüüüüüüüüß“, zischelte meine Freundin neben mir. Ich nickte. Ich nickte auch noch, als ich die braune Spur entdeckte, die sich verdächtigerweise vom Flur bis ins Wohnzimmer zog. Meine Freundin grinste nur entspannt. „Das ist nix.“ Ich sah sie einigermaßen verständnislos an. Für nix war es ziemlich braun… „Nur Schokolade“, fügte sie erklärend hinzu. „“Augustin ist zur Zeit ganz wild danach. Na ja, und dann hat er es halt überall.“ „Hm, sogar unter den Schuhen“, sagte ich anerkennend. Wir setzten uns. Unauffällig versuchte ich die Schokoladenspur, die verdächtig roch, ich betete immer noch, dass es Schokolade sei, mit dem Socken auf meinem linken abgewinkelten Fuß wegzureiben, während ich begeistert den vegetarischen Biorezeptideen meiner Freundin lauschte. Davon bekamen wir Hunger. Wir mampften die letzten Brötchen, dann noch ein paar Toasts, und als wir immer noch nicht satt waren, aber der Vormittag noch lang, plünderten wir das für den Nachmittag vorgesehene Kuchenpaket – wovon allerdings Kind und Hund, die wir beide auf der Erde übereinander liegend fast vergessen hatten, ihren Teil einforderten. Nachdem der Kuchen vertilgt, der Durst gestillt und wir dem Kleinen einen unter dem Sofa gefundenen Hundekuchen aus dem Mündchen genommen hatten, an dem er beinahe ebenso hingebungsvoll gelutscht hatte wie Columbo an seinem, saßen wir allesamt still im Zimmer und genossen unsere vollen Mägen. Plötzlich zerschnitt ein tiefes höhlenartiges Grollen die friedliche Atmosphäre. Es war mein Bauch, dem Columbos Magen augenblicklich mit einem langgezogenen „Bluhuuuup!“ antwortete. Augustin sah uns mit großen blauen Augen an, öffnete die rosigen Lippen und ließ einen Bauer, Verzeihung, aber das war kein Bäuerchen mehr, hören, das von den Wänden widerhallte. Erschrocken war Columbo ein Stück zur Seite gesprungen. Kam jedoch gleich näher, als der Kleine gackernd seine Minizähnchen zeigte. Mein felliger Freund schnüffelte interessiert im Gesicht des Dreikäsehoch, worauf dieser gleich wieder rülpste, was Columbo dieses Mal klasse fand. Hm, Milchgeruch und Bananenbrei… Als auch noch ein Windchen den Weg durch Augustins Windel fand, hüpfte Columbo erfreut um ihn herum und schnupperte mal hier mal dort, das nächste Geräusch schon spielerisch erwartend. Mir fiel mit einem Mal ein dringender Arzttermin ein, so dass sich meine liebe Freundin samt rülpsenden und pupsenden Kleinkind verabschiedete. Ich drehte Klingel und Telefon aus, setzte mich an den Computer, um endlich die vorhin unterbrochene Kolumne zu Ende zu schreiben, floh aber sogleich wieder aus dem Zimmer, da Columbo neben mir nämlich ein sehr verdächtiges Geräusch verursacht hatte, dass nichts Gutes verhieß und mich sogleich alle Fenster aufreißen ließ, um eine durch giftige Flatulenzen verursachte Ohnmacht zu verhindern.

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